Minox 35

vom 22. Obktober 2022

Ihre Zeit ist eigentlich längst vorüber. Mit ihren schlanken Maßen (B 10cm, H 6cm, T 3cm) passte die Minox 35 damals in jede Hemdtasche. Von 1974 bis 1995 war sie die kleinste Kleinbildkamera der Welt, ein echter Star und eine Mimose, wie manche sagen. Meine 35 GL funktioniert heute (Okt. 2020) immer noch. Gekauft auf einem Flohmarkt um € 30,-. Sofern man den Batteriekorb mit passenden Batterien hat, da die dafür vorgesehenen Energielieferanten nicht mehr erhältlich sind. Es tut sich wieder was in der analogen Fotografie.

Die Kameratasche ist eigentlich überflüssig. Die Frontklappe zu, das Objektiv ist geschützt und der Auslöser gesperrt.

Aber warum schreib ich über eine Kamera, die schon lange nicht mehr produziert wird? Weil mich niemand dazu anhält, über 3D-Drucker oder Drohnen einen Artikel zu verfassen und weil mich Mechanik, sei sie auch noch so betagt, fasziniert. Die mechanischen Qualitäten der Minox 35 sind eher überschaubar, doch ist sie im Vergleich zu Spiegelreflexkameras leicht und leise. Ein praktisches kleines Ding, ideal um sich damit unauffällig auf fotografische Streifzüge zu begeben.

Analoge Schätzchen

Ihre Zeit ist eigentlich längst vorüber, hab ich in der Einleitung geschrieben und doch sehen viele Amateure in der Analogfotografie heute etwas, was ihnen möglicherweise softwareoptimierte Smartphone-Fotos nicht geben können. Vielleicht ist es der Reiz, wieder einmal bewusst so zu fotografieren wie früher. Mit 24 oder 36 Fotos auf einem Film fotografiert man zwangsläufig bewusster, auch wegen der Kosten für Film und Entwicklung. Analoge Fotos sind anders, nicht besser als die von modernen Digitalkameras, nur anders. Um das „anders“ beschreiben zu können, besorgt man sich um ein paar Euro eine Minox 35 (durch den Analogschub gehen die Preise nach oben), fotografiert damit und lässt die Bilder entwickeln. Genau, es kommt natürlich darauf an, ob die Fotos in einem Speziallabor oder beim Diskonter ums Eck (falls der noch eine Fotostation hat) entwickeln lässt.

Digitale Alleskönner

Bleiben wir bei Smartphones, weil die weiter verbreitet sind als digitale Spiegelreflexkameras. Man hat das Handy jederzeit dabei, stellt den Wecker damit, blättert im Terminkalender und fotografiert. Weils da ist und nichts kostet. Und weil die Fotos meistens sensationell gut ausschauen. Wenn ein Bild oder Video mal nichts wird, reicht ein Fingerdruck auf die Löschtaste. Bequemer kann man nicht fotografieren. Interessant wirds dann, wenn man einen Blick auf die RAW-Daten wirft, das ist das, was das Handy ablichtet. Das was die meisten User zu Gesicht bekommen, ist jpg-Optimierung via Software. Wer über ein Smartphone verfügt, welches die RAW-Daten preisgibt (zB iPhone ab 6s), kann mit Apps (siehe Link "Fotografieren wie die Profis" am Ende des Artikels) viel mehr aus den Daten rausholen, die digitale Dunkelkammer par excellence. Ein Nachteil ist, dass RAW-Daten das Dreifache an Speicher belegen als jpg und auch mehr Arbeit machen. Für gelungene Aufnahmen lohnt sich der Mehraufwand auf jeden Fall.

Hier einige Minox 35-Modelle

Aufs Bild klicken, den Pfeil kurz nach oben bzw. unten schieben.

Zurück zur analogen Gegenwart Vergangenheit

Die meisten Minox 35-Modelle haben keinen Autofocus, die Entfernung zum Objekt muss geschätzt und vorne am Objektivring eingestellt werden. Aber …, das leichte Weitwinkel mit einer Brennweite von 35mm hat von Haus aus bereits eine größere Tiefenschärfe als zB Standardobjektive anderer Kameras mit 50mm. Das trifft natürlich auf alle Kameras mit 35mm Objektiv zu. Bei Schönwetter reicht da eine Entfernungseinstellung von 4 Metern und eine Blende von 5,6 um Motive im Abstand von 1,5 Metern bis Unendlich scharf zu stellen. Die Belichtungszeit regelt die Minox automatisch. Sonst unterscheiden sich die einzelnen Modelle nur geringfügig, Ausnahmen sind die PL mit eingebautem Blitz und generell die M-Serie. Letztere konnte aber bei Weitem nicht die Verkaufszahlen der klassischen Modelle erreichen.


Cartier-Bresson – ein Meister seines Fachs

Seit Jahrzehnten begeistern mich die großartigen Aufnahmen von Henri Cartier-Bresson (1908-2004), Magnum-Gründer, Filmemacher und Fotograf. Bestückt mit seiner Leica machte er sich auf die Suche nach Motiven, wo (Zitatausschnitt Arthur Miller) „Hoffnung und Verzweiflung aufeinandertreffen“. Den entscheidenden Moment, den Augenblick einzufangen, darum ging es ihm. Nicht, ohne dabei auf die Lichtsituation, die Umgebung etc. zu achten. (siehe Link „7 Lektionen von Henri Cartier-Bresson“ am Ende des Artikels).

Wir können von Henri Cartier-Bresson lernen, dass Technik nur eine Seite der Medaille ist, vielmehr geht es um das Sehen und den entscheidenden Moment. Ob mit einer Leica M3 (schluchz, die hab ich anno dazumal gegen eine Polaroid SX-70 eingetauscht und ja, es tut immer noch weh) oder einer Minox 35, egal. Und endlich hat man wieder Bilder zum einkleben ins Fotoalbum.