Isometrische Illustrationen mit Affinity Designer
Grafik-Design
Isometrische Illustrationen haben gegenüber der orthografischen Grafik eine räumliche Tiefenwirkung. Nennen wir es Pseudo-3D, also kein echtes 3D, da alle Elemente, auch die Tiefe, händisch gezeichnet werden. Bei isometrischen Zeichnungen kommt der Grafiker mit Vektor-Zeichenprogrammen aus, zB Adobe Illustrator oder Affinity Designer. Während Illustrator die isometrische Darstellung manuell und über Aktionen unterstützt, dazu später mehr, bietet Affinity Designer eine eigene Palette und den zur jeweiligen Ansicht passenden Raster. Im Grunde reicht ein Raster aus, also können auch andere Apps wie Vectornator, Sketch usw. ebenso für isometrische Illustrationen verwendet werden.
Wofür isometrische Illustrationen?
Bei der Isometrie steht mehr Raum zur Verfügung und durch die Tiefe entstehen neue Sichtweisen, die durch die verschiedenen Seiten mehr über das Objekt preisgeben. Der 120°-Winkel bevorzugt keine der drei Seiten, sondern bildet alle Ansichten gleichwertig ab. Isometrie zeigt Räume so, wie sie gebaut wurden, ohne perspektivische Verzerrung. Die Wirkung ist realistischer als flache, orthografische 2D-Grafik und die Einsatzgebiete sind nahezu grenzenlos, zB für Visualisierungen von Unternehmens-, Produkt- oder Dienstleistungsmerkmalen. Oder für Icons, 2D-Spiele usw.
Technisches zur isometrischen Projektion
Wie für 2D-Illustrationen auch, zeichnet der Grafiker Flächen, Konturen, etc. um die gewünschte Vektorgrafik zu erstellen. Bei der isometrischen Projektion wird die Fläche auf 45 Grad gedreht und auf 100% Breite und 57,73% Höhe skaliert. Das ist die Draufsicht, die wird kopiert und auf -60 bzw. +60 Grad gedreht für die beiden Seitenteile. In Affinity Designer braucht man sich um technische Details nicht zu kümmern.
Den Würfel in der Grafik oben könnte mit einem unterteilten 6-Eck ebenfalls erreicht werden. Jedoch geht isometrische Illustration meistens über den einfachen Würfel hinaus, wie in meinem Beispiel, mit 3D-ähnlichem Look.
Isometrie mit Affinity Designer
Affinity Designer ist der direkte Mitbewerber zum Marktführer Adobe Illustrator und macht diesem im Bereich Vektorgrafik-Software ordentlich Konkurrenz. Bei der isometrischen Illustration aber hat Affinity Designer eindeutig die Nase vorne, sofern auf Desktop-Geräten gearbeitet wird. Das Bedienfeld "Isometrisch" zeigt die Projektionsebenen Vorderansicht, Seitenansicht und Draufsicht und darunter die Bearbeitungsoptionen. Der Raster wechselt in die jeweilige Ansicht beim Klick auf eine der drei Projektionsebenen.
Das Ganze funktioniert auch in der mobilen Version vom Designer wenn auch, durch die aus Platzgründen ausgeblendeten Menüs, nicht wirklich flüssig. Inzwischen gibts die Version 2 aller Affinity-Programme mit zahlreichen Verbesserungen auch beim Designer 2. Bei der iPadOS-Version 2 gibts bzgl. Isometrie keine guten Nachrichten. Warum gerade bei kleinen Bildschirmen keine kontextsensiven Paletten (es gibt einen Ausdruck dafür, der fällt mir gerade nicht ein) möglich sind, versteht kein Mensch. Was ich damit meine: Wer an isometrischer Grafik am iPad arbeitet, braucht mehr oder weniger nur diese eine Palette (siehe Bild oben), die gibts aber nicht. Serif©, die Mutterfirma der Affinity-Apps hat die Isometrie in einem Menü versteckt. Unpraktischer gehts wirklich nicht.
Größenanpassung entlang der Projektionsebene
Dass die Größenanpassung der grafischen Elemente entlang aller Projektions-Achsen verläuft, ist ein weiteres Plus für Affinity Designer. Das erspart Zeit und eine Menge Zusatzarbeit beim Anpassen der Größe.
Die Vektorformen als Maske zum übermalen verwenden
Sind die Vektorformen einmal erstellt, kann jede einzelne Form in Affinity Designer als Maske zum übermalen oder für Texturen verwendet werden. Auch wenn das im Beispiel unterhalb ein aufwändiges Unterfangen darstellt, da dutzende Ebenen dafür in Frage kommen. So gehts:
- Die Vektorformen erstellen
- Zur Pixel Persona wechseln
- Eine Vektorform auswählen
- Oben rechts das Werkzeug "In der Auswahl einsetzen" als Maske definieren
- Pinsel und Farbe bestimmen
- Beim Malen wird eine Pixelebene automatisch der Vektorebene hinzugefügt
Isometrie mit Adobe Illustrator
So elegant wie mit Affinity Designer am Mac oder PC ist die isometrische Illustration mit Adobe Illustrator nicht. Auch wenn Illustrator bei der Fülle an Funktionen die weitaus besseren Karten hat. Bei der isometrischen Zeichnung hilft ein Trick weiter, das Zauberwort heisst "Aktionen". Mit "Aktionen" werden oft verwendete Funktionsabläufe aufgezeichnet und bei Bedarf abgerufen. Was nach Uralt-Videorekorder klingt, ist ein mächtiges Werkzeug zur Automatisierung von zum Teil komplexen Prozessen. Besonders wichtige Abläufe lassen sich gleich bei der Erstellung der Aktion auf die Funktionstasten F1 bis F12 legen.
Isometrie-Aktionen-Set für den Adobe Illustrator
Dario Stefanutto bietet ein Set isometrischer Aktionen auf dribbble.com kostenlos zum Download an. Worauf ich nie gekommen wäre, Dario hat zusätzliche Undo-Funktionen für jede Projektionsebene erstellt. Praktisch, wenn noch was geändert werden soll. Links im Bild die Funktionen zum Anlegen neuer Aktionen-Sets, aufzeichnen und abspielen.
In den Standardaktionen sind eher die einfachen Funktionsabläufe gesichert. ZB speichern einer Datei als png mit 72 dpi. Was sich nicht gerade als grandiose Funktion anhört, läuft im Vergleich zum manuellen exportieren rasant ab. Wer das oft machen muss, weiss diese und andere Aktionen zu schätzen.
Hier der Link zum Download der Isometrie Aktionen: https://dribbble.com/shots/3702541-Freebie-Illustrator-isometric-actions
Zum installieren das Aktionen-Bedienfeld (Hauptmenü > Fenster > Aktionen) öffnen, unter den 3 Strichen auf "Aktionen laden" gehen und das Aktionen-Set importieren.
Fazit
Die Arbeit am zeichnen von isometrischen Objekten macht richtig Spaß. Man braucht sich nicht mit unhandlichen 3D-Modellen, Texturen, Beleuchtung und zeitintensiven Renderings herumschlagen, sondern arbeitet effizient mit der Vektorgrafik-Software. Da kennt sich der Grafiker aus, das ist sozusagen seine Wohlfühlzone. Bei allen Vorteilen auf Seiten des Affinity Designer sollte nicht vergessen werden, dass ein korrekt erstellter Raster als Vorlage eigentlich ausreicht. Mit dem Pfadwerkzeug entlang der Rasterlinien zeichnen, geht für einfache Objekte ziemlich flott, erst bei komplexen Formen vermisst man die komfortable Palette vom Affinity Designer am Desktop-Gerät. Serif, die Firma hinter Affinity Designer hat sich bzgl. Isometrischer Illustration und auch sonst ordentlich ins Zeug gelegt. Die Ausnahme ist der Designer 2 auf iPadOS. Winzig geschriebene Projektionseben versteckt im 3-Punkte-Menü. Da ist noch viel Luft nach oben.